Rurtaler Werktags Träger Haufen - Astronomisches Cholesterin

Dieser Artikel verdeutlicht anhand des Studenten Michael K. die tiefgreifenden Veränderungen die das Leben eines unschuldigen Abiturienten mit dem Beginn des Studiums erfährt. Es ist zugleich ein bestürzender Zustandbericht über die Vorgänge an der RWTH Aachen im allgemeinen als auch eine bewegende Einzelfallstudie.

I. Soziales
Extrem-wegeing:

Eine der ersten bedeutenden Erfahrungen nach dem Abitur ist das (zumindest zeitweise) Verlassen des elterlichen Nestes. Michael K. traf es dabei besonders hart: Den Herbst 91 verbrachte er in einer der merkwürdigsten Kommunen die mir in siebenjährigen Forschungen und Selbstversuchen begegnet sind. Die Einzimmerwohnung in der Noppiusstraße in Aachen teilten sich nicht zwei, nicht drei, sondern (Halten Sie sich fest!) vier junge Menschen. Die folgende Skizze der Zustände in diesem Loch ist nur aus meiner Erinnerung entstanden, obwohl ich gestehen muss, das ich seit meinem Besuch in diesen Räumen viel verdrängt habe und erst heute in der Lage bin darüber zu sprechen.


Michael K.'s Mitbewohner im einzelnen:

Moni S.: Richtiger Name Monika S., Michael K.'s damalige Gespielin. Unter der fadenscheinigen Ausrede in Aachen eine Handwerksschule zu besuchen, folgte Sie Michael K. in die Großstadt (aus Birkesdorfer Sicht)

Tom F.: Richtiger Name Thomas F., "experimentierte" damals mit "Chemikalien" (wenn Sie wissen, was ich meine...) Dies führte dazu, dass er zeitweise seine Schlafecke mehrere Tage nicht verlies (unter anderem den gesamten November)

Hans R.: Richtiger Name unbekannt, er "organisierte" die Räumlichkeiten und war somit der eigentliche Urheber dieser "Wohngemeinschaft". Mit seiner Junk-Food-Abhängigkeit war er die größte Gefahr für das Wohlergehen der anderen.

Perfekt ins Bild dieses Sündepfuhls passt, dass sich alle Bewohner erfolgreich mit fadenscheinigen Ausreden vor dem Wehrdienst gedrückt haben. Tom F. wegen Plattfüssen, Hans R. mit einem in Fritten-Entzug vorgeführten Zittern und Moni S. wegen ihres Geschlechts. Unter diesem zersetzenden Einfluss ist nachzuvollziehen, dass auch Michael K. sich hartnäckig weigerte seinen Verpflichtungen fürs Vaterland nachzukommen.

Nur wie durch ein Wunder konnten Moni S. und Michael K. sich gemeinsam aus diesem Sumpf aus langem Ausschlafen und Frittiertem befreien. Tom F. hatte weniger Glück: Er folgte Hans R. noch zwei Jahre lang in alle Imbissbuden Aachens bis er körperlich völlig am Ende ins Schlaf- und Pommesentzugszentrum der Fachhochschule Jülich floh.

Kulinarische Völker(miss)verständigung:

In einem globalen Schmelztiegel wie der RWTH - Aachen trifft man natürlich auf Studenten aus der ganzen Welt (z.B. Ostfriesland und Bayern). Das dabei Missverständnisse und Irritationen auftreten, ist zwangsläufig nicht zu vermeiden. Gerade regionale Spezialitäten können hier Auslöser menschlicher Dramen sein.
Im Winter `91 veranstaltete die Tutorengruppe, in der Michael K. nach Orientierung suchte, einen Feuerzangenbowlenabend. Verwendet wurde dabei der bereits legendäre Rohs'sche Kupferkessel und ein altes überliefertes Familienrezept:

Folgende Zutaten zusammen erhitzen:

· 2 Flachen Rotwein (klassischerweise Côte du Rhone aus dem Plus für 3.99)
· 1 Flache Weiswein (klassischerweise geschnorrte 88er Moselspätlese mit silberner Kammerpreismünze)
· 1 ungespritzte Orange samt Schale in Scheiben geschnitten (Gut gewaschen ist nicht das gleiche wie ungespritzt)
· etwas geriebene Zitronenschale
· ein paar Nelken
· 6-9 kurze Zimtstangen (Die Verwendung von kurzen Zimtstangen ist besonders wichtig, damit Sie Erstbowlern erzählen können, es handele sich um Kippen)
Darüber wird dann ein Zuckerhut mit ½ Flasche 54 %igem Rum flambiert bis er vollständig in die Bowle getropft ist. (Profis schaffen es übrigens eine ganze Flasche Rum oder mehr zu verwenden, ein gutes Zeichen für die richtige Menge ist, wenn die Bowle selber brennt...)


Die Mitglieder der bunt gemischten Tutorengruppe hatten (unerfahren mit solchen Kult-Getränken) eigenartige Speisen wie Lebkuchen und Zimtsterne mitgebracht, während nur Michael K. die passenden Thunfisch in Öl - Dosen dabei hatte. Die Kombination von Feuerzangenbowle mit Thunfisch, für einen Westniederzierer völlig selbstverständlich, rief bei den anderen Festteilnehmern Bestürzung und Übelkeit, sowie spontanes Erbrechen hervor. Auch zeigten sie keine Bereitschaft, das ganze mit Dom-Kölsch aus der Dose herunterzuspülen, wie es sich gehört.

Da solche kulinarischen Inkompatibilitäten leider unüberwindbar waren, zerfiel die besagte Tutorengruppe nach diesem Abend relativ schnell in ihre Bestandteile. Ebenfalls in die Ereignisse verwickelt war erneut Hans R., der den Vorfall durch die eigentliche Feuerzangenbowle lanciert hatte. Da er früher häufig nach Westniederzier gereist war, war ihm dieses Konfliktpotential natürlich vorher bekannt.
(Er selbst war übrigens aufgrund der Tatsache, dass er einen Magen wie einen Kartoffeleimer hat, gegen etwaige Nebenwirkungen jeglicher Essenskombinationen immun.)

Durch diesen Vorfall geprägt, besann sich Michael K. endgültig wieder auf seine Wurzeln. In den darauffolgenden Jahren wurde er meist mit anderen Westniederzierer Studenten wie dem werdenden Bauingenieur Gerald E. und dem Medizinstudenten Martin H. in klassischen Gastronomiebetrieben mit Westniederzierer Küche wie dem Omonia Grill, dem Knossos oder dem Chinesen am Kehrmännchen gesehen. Und immer wieder taucht in dieser Aachener Westniederzier-Connection Hans R. mit seinem Cholesterin-steigernden Einfluß auf.


II. Wissenschaftliches

Thermodynamik

Im Vordiplom begegnen Maschinenbaustudenten wie Michael K. einem geheimnisvollen Fach:

Der Thermodynamik.

Nie wieder im Studium wird ein Student so nahe an die größten Wahrheiten des Universums gelangen. Die fundamentalen Hauptsätze der Thermodynamik lassen sich auch auf das Leben selbst anwenden.

1.Hauptsatz:

d.h. in einem abgeschlossenen System ist die Summe aller Energieänderungen gleich null.
oder einfacher formuliert:

Von nix kommt nix!

2. Hauptsatz:

Es existiert eine Zustandsgröße S, die Entropie eines Systems, deren zeitliche Änderung sich aus Entropieströmung und Entropieerzeugungzusammensetzt: . Für die Entropieerzeugung gilt:

für reversible Prozesse
für irreversible Prozesse
nicht möglich.

oder einfacher formuliert:

Alles wird schlimmer!

3.Hauptsatz:


An einer öffentlichen Universität gilt für die Zahl der Versuche die ein Student benötigt um den für den Abschluss eines Vordiploms erforderlichen Leistungsnachweis zu bringen .

oder einfacher formuliert:

Thermodynamik schreibt man zweimal!

Durch die (nicht ganz freiwillige) intensive Beschäftigung mit dieser Materie aufgrund des dritten Hauptsatzes fassten sowohl Michael K. als auch der bereits mehrfach erwähnte Hans R. (vermutlich mit vollgesoffenem Kopf) den Entschluss sich noch weiter in diese Richtung zu spezialisieren und wählten die Vertiefungsrichtung Verbrennungsmotoren.

Praktisch (zumindest theoretisch)


Um zu verhindern, dass dem Maschinenbaustudium fachidiotische Theoretiker entspringen (mit mehr oder weniger Erfolg), sind 26 Wochen Praktikum in der Industrie vorgeschrieben. Hierbei wiederum sind bestimmte Bereiche abzudecken, unter anderem das gefürchtete Gießereipraktikum.

Dadurch werden dem Studenten innerhalb seines Studiums nicht nur verschieden Fertigungsverfahren nähergebracht, sondern es wird ihm auch ein Einblick in etwas "andere" Tätigkeiten ermöglicht. (In der Realität ruft es einem Maschinebaustudenten primär in Erinnerung, warum er eigentlich studiert, nämlich, um nie wieder so etwas machen zu müssen...)

Aber lassen Sie uns auf unser Einzelschicksal Michael K zurückkommen:

Fünf Wochen lang fuhr er täglich im Morgengrauen eine Dreiviertelstunde nach Bad Münstereifel, zu einer Gießerei, die sich auf Aluminiumdruckguss spezialisiert hat, um in dem Hightech-Unternehmen folgenden Arbeitsablauf durchzuführen:

· Stahlbolzen in Druckgussform einlegen.
· Alle weiterhin benötigten Körperteile aus der Form entfernen.
· Knopf drücken.
· Zuschauen wie die Maschine den Rest alleine macht
· Stahlbolzen in Druckgussform einlegen.
· Alle weiterhin benötigten Körperteile aus der Form entfernen.
· Knopf drücken.
· Zuschauen wie die Maschine den Rest alleine macht
· Stahlbolzen in Druckgussform einlegen.
· Alle weiterhin benötigten Körperteile aus der Form entfernen.
· Knopf drücken.
· Zuschauen wie die Maschine den Rest alleine macht
· Stahlbolzen in Druckgussform einlegen.
· Alle weiterhin benötigten Körperteile aus der Form entfernen.
· Knopf drücken.
· Zuschauen wie die Maschine den Rest alleine macht
· Stahlbolzen in Druckgussform einlegen.
· Alle weiterhin benötigten Körperteile aus der Form entfernen.
· Knopf drücken.
· Zuschauen wie die Maschine den Rest alleine macht
· Stahlbolzen in Druckgussform einlegen.
· ...


Der aufmerksame Leser wird an dieser Stelle ein Muster erkennen und in der Tat, die wesentliche Herausforderung ist nicht, sich die einzelnen Schritte zu merken, sondern irgend etwas zu finden, was einen davon abhält nach einer Viertelstunde freiwillig selbstverstümmelnde Maßnahmen zu ergreifen.

Michael K. ist dabei auf eine besonders harte Probe gestellt worden denn der Arbeitsablauf am nächsten Tag sah aufgrund eines Fehlers in der verwendeten Aluminiumschmelze so aus:

· Gestern produziertes Teil nehmen.
· In zwei Teile Sägen.
· Stahlbolzen entfernen.
· Gestern produziertes Teil nehmen.
· In zwei Teile Sägen.
· Stahlbolzen entfernen.
· Gestern produziertes Teil nehmen.
· In zwei Teile Sägen.
· Stahlbolzen entfernen.
· Gestern produziertes Teil nehmen.
· In zwei Teile Sägen.
· Stahlbolzen entfernen.
· Gestern produziertes Teil nehmen.
· ...

 

Wenn nun die zersägten Aluminiumteile wieder eingeschmolzen werden, kann man den gesamten Vorgang im Prinzip beliebig oft wiederholen.

Dass Michael K. diese fünf Wochen überlebt hat, ohne Amok zu laufen, ist wahrscheinlich eine der größten Leistungen in seinem gesamten Studium und nur durch einen ungewöhnlich starken Willen zu erklären.

Die einzige zurückgebliebene Schaden ist eine extrem heftige Reaktion auf Nummernschilder, die mit den Buchstaben EU oder AW beginnen. (Das sollten Sie mal bei Vollmond erleben...)


III. Das Diplom

Ähhh, wie soll ich's sagen?

Ach, das wird schon.

Irgendwann.

oder...?

für die Redaktion - Hans R.